Die Vorbereitungen zur Uraufführung der Oper zur Reformation „in exitibus“
Szenische Projekte mit der Kantorei zur realisieren, ist für die Kantorei meiner Kirchengemeinde und mich inzwischen nichts Neues mehr, aber immer noch ein spannendes, sehr aufwendiges Abenteuer. Angefangen hat es 2001 mit der szenischen Aufführung des dramatischen Oratoriums „Jephtha“ von Georg Friedrich Händel. Mit Hilfe der Regisseurin Nicola Glück gelang es, professionelle Solisten und die Kantorei mit ihren Laiensängern- und –darstellern zu einer bewegenden Leistung zu bringen. An diesen Erfolg anknüpfend folgte eine szenische Aufführung der St. Nicolaus-Kantate von Benjamin Britten und im Jahr 2011 eine Uraufführung des Musicals zum 200. Bestehens der Stadtkirche Kaiserswerth „Die Glocken von Kaiserswerth“. Die größte Herausforderung ist allerdings die Uraufführung der Oper zur Reformation „in exitibus“ des Leipziger Komponisten Alexander Stessin, denn hier steht außer der szenischen Arbeit auch noch die Bewältigung der neuen Musik mit ihren ungewohnten Klängen und teilweise schwer zu treffenden Tönen an – noch dazu werden die letzten Takte dieses Werkes erst komponiert, als der Chor schon mitten in der Probenarbeit ist.
Enge Zusammenarbeit
Dieses Opernprojekt wurde von Anfang an von der Kirchengemeinde mitbegleitet, Pfarrer Jonas Marquardt stellte sich als theologischer Berater bei der Entstehung des Librettos zur Verfügung, das von der Regisseurin Nicola Glück stammt. Der Komponist hatte die räumlichen Gegebenheiten der Mutterhauskirche von Beginn an im Blick. Auch in psychologischer Hinsicht wird diese enge Zusammenarbeit im Entstehungsprozess später für die Vermittlung des Stückes beim Chor sehr wertvoll, denn es ist viel einfacher, etwas Neuartiges, Ungewohntes und Aufwendiges durchzusetzen, wenn deutlich ist, es ist für uns und gewissermaßen mit „unserem“ Mitwirken entstanden. (Diese Erfahrung habe ich übrigens beim Realisieren unseres Musicals 2011 auch gemacht, das damals von Musikern unserer Gemeinde komponiert worden war.)
Gottvertrauen und gute Nerven
Eine der größten Herausforderungen für mich als Kantorin, die ja die Gesamtleitung innehat, ist die Finanzierung des Projekts, denn professionelle Musiker, insbesondere die Solisten der Hauptrollen, erhalten natürlich durch den enormen Probenaufwand ein deutlich höheres Honorar als in normalen Kirchenkonzerten, auch fallen Kosten für die Inszenierung, das Bühnenbild und die Beleuchtung an. Die Verantwortung ist im Falle einer Uraufführung noch etwas größer, denn hier brauche ich viel Vertrauen in den Komponisten und die Librettistin, denn zur Zeit der Organisation des Projekts weiß niemand, wie es dann wirklich wird – viel Gottvertrauen und gute Nerven sind hier wichtig.
Direkt in der ersten Probenphase ist es hilfreich, dass Komponist und Librettistin mit dem Chor zusammentreffen und dem Chor vermitteln, was die Besonderheiten dieses zeitgenössischen Stückes sind, welche Zielsetzung dahinter steht. Die Oper „in exitibus“ ist keine Historienoper , sondern sie setzt sich mit den Errungenschaften der Reformation auseinander. Die Oper ist so angelegt, dass sie als Reflexion der historischen Figur Luthers und ihrer zentralen Fragen zu verstehen ist. Die Annahme der Herausforderungen des Lebens –das Zitat von Paul Gauguin „Die große Herausforderung des Lebens liegt darin, die Grenzen in dir selbst zu überwinden und soweit zu gehen, wie du dir niemals hättest träumen lassen“ – ist ein wichtiger Aspekt in der Oper und wird auch für den Chor und mich für die Einstudierung der Oper wie zu einem „Leitmotiv“.
Natürlich sind nicht alle Chorsänger in jeder Probenphase begeistert von der Herausforderung des Stückes, viele machen vorwiegend aus Pflichtbewusstsein, Solidarität und Treue mit. Bei dieser Gelegenheit wird deutlich, wie gut diese alte Tugend sein kann, denn ich bin überzeugt, dass dieses Verhalten helfen kann, über die eigenen Grenzen hinauszuwachsen und neue, bereichernde Erfahrungen zu machen. Wer sich der Aufgabe nicht stellt, kann diese Erfahrungen nicht machen.
Zunehmend macht die kreative musikalische und natürlich besonders die schauspielerische Arbeit unter der theaterpädagogisch erfahrenen und versierten Anleitung von Nicola Glück viel Freude. Die Professionalität der Regiearbeit ist ein Eckpfeiler für gelungene szenische Aufführungen.
Organisatorisch herausfordernd ist das probentechnische Zusammenbringen aller Akteure der Oper: Eine weitere Hauptrolle in der Oper haben die Kinder, die Gottes Stimme verkörpern, diese Partie wird natürlich von der Kinderkantorei der Gemeinde, verstärkt durch Kinder der Grundschule Kaiserswerth, übernommen – auch mit diesen arbeitet natürlich die Regisseurin.
Intensive Probenphase
In den Herbstferien gibt es eine intensive Probenphase mit den Solisten, die Zeit des gemeinsamen Probens aller Sängerinnen und Sänger ist dann vor allem in der letzten Woche vor der Aufführung in der Kirche selber auf der dann dort aufgebauten Bühne. Auch das Orchester kommt natürlich erst in der letzten Woche dazu.
Bei der Uraufführung einer zeitgenössischen Oper ist natürlich auch das Werben um Zuhörer von Anfang an ein Thema, deswegen haben wir für dieses Projekt eine eigene Website geschaffen www.reformationsoper.de, auf der neben ausführlichen Informationen zur Oper, die den Umfang von Flyern und Gemeindebriefartikel sprengen würden, auch Berichte über die aktuelle Arbeit an der Oper veröffentlich werden. Uns liegt daran, dass die Oper und vor allem ihre Inhalte zum Diskussionsstoff wird. Deswegen gibt es auch eine Vortrags- und Diskussionsreihe, die an vier Abenden mit Gästen aus Theologie und Musik auf die Verknüpfung des Themas der Reformation und der Oper zur Reformation „in exitibus“ hinweist.
Susanne Hiekel